"Wo keine Wirkung ist, braucht man keine Ursache zu suchen." - Über Kunst und Wissenschaft; in: Schriften zur Kulturkritik, Kurt Weigand (Hrsg. u. Übers.) Meiner, Hamburg 1995. S. 15
Über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen (1755)
"Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen »Dies gehört mir« und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wieviel Elend und Schrecken wäre dem Menschengeschlecht erspart geblieben, wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: »Hütet euch, dem Betrüger Glauben zu schenken; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, aber die Erde niemandem gehört«." – Diskurs über die Ungleichheit (Ed. Meier). UTB, 2008, S. 173
"Die Menschen sind böse; eine traurige und fortdauernde Erfahrung erübrigt den Beweis; jedoch, der Mensch ist von Natur aus gut, ich glaube es, nachgewiesen zu haben; […] Man bewundere die menschliche Gesellschaft, soviel man will, es wird deshalb nicht weniger wahr sein, dass sie die Menschen notwendiger Weise dazu bringt, sich in dem Maße zu hassen, in dem ihre Interessen sich kreuzen, außerdem sich wechselseitig scheinbare Dienste zu erweisen und in Wirklichkeit sich alle vorstellbaren Übel zuzufügen." – Zweiter Diskurs, Anmerkung IX
"Das Christentum predigt nur Knechtschaft und Unterwerfung. Sein Geist ist der Tyrannei nur zu günstig, als dass sie nicht immer Gewinn daraus geschlagen hätte. Die wahren Christen sind zu Sklaven geschaffen." – Vom Gesellschaftsvertrag, Buch IV, Über die staatsbürgerliche Religion
Alternative Übersetzung: "Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten."
(Original franz.: "L’homme est né libre, et partout il est dans les fers. Tel se croit le maître des autres, qui ne laisse pas d’être plus esclave qu’eux." - Livre I, Chapitre 1.1)
"Die erste und wichtigste Schlußfolge aus den bis jetzt aufgestellten Grundsätzen ist die, dass der allgemeine Wille allein die Kräfte des Staates dem Zwecke seiner Einrichtung gemäß, der in dem Gemeinwohl besteht, leiten kann; denn wenn der Gegensatz der Privatinteressen die Errichtung der Gesellschaften nötig gemacht hat, so hat sie doch erst die Übereinstimmung der gleichen Interessen ermöglicht. Das Gemeinsame in diesen verschiedenen Interessen bildet das gesellschaftliche Band; und gäbe es nicht irgendeinen Punkt, in dem alle Interessen übereinstimmen, so könnte keine Gesellschaft bestehen. Einzig und allein nach diesem gemeinsamen Interesse muss die Gesellschaft regiert werden. " – Der Gesellschaftsvertrag, Buch II, Kapitel 1 Übersetzung: Hermann Denhardt 1880
(Original franz.: "La première et la plus importante conséquence des principes ci-devant établis, est que la volonté générale peut seule diriger les forces de l’État selon la fin de son institution, qui est le bien commun ; car, si l’opposition des intérêts particuliers a rendu nécessaire l’établissement des sociétés, c’est l’accord de ces mêmes intérêts qui l’a rendu possible. C’est ce qu’il y a de commun dans ces différents intérêts qui forme le lien social ; et s’il n’y avait pas quelque point dans lequel tous les intérêts s’accordent, nulle société ne saurait exister. Or, c’est uniquement sur cet intérêt commun que la société doit être gouvernée." – Livre II, Chapitre 2.1)
"Eine echte Demokratie hat es nie gegeben und wird es sie auch niemals geben, denn es verstößt gegen die natürliche Ordnung, daß die Mehrheit regiert und die Minderheit regiert wird. Es ist nicht denkbar, dass das Volk unaufhörlich versammelt bleibe, um sich den Regierungsgeschäften zu widmen, und es ist leicht ersichtlich, dass es hierzu keine Ausschlüsse einsetzen kann, ohne die Form der Verwaltung zu ändern." – Vom Gesellschaftsvertrag, Band III, Kapitel 4
"Rückt die Meinungen des Volkes zurecht, und seine Sitten werden sich von selbst bessern." – Der Gesellschaftsvertrag, Buch IV
"Wer zu sagen wagt, »außerhalb der Kirche gibt es kein Heil«, muss aus dem Staat verjagt werden." – Der Gesellschaftsvertrag, Buch IV, Kapitel 8
"Das wird eine knechtischeSeele werden, bei der man nur mit Strenge etwas erreicht." – Émile I, (Anmerkung: Der Text bezieht sich auf eine Vermutung von Rousseau anläßlich der Beobachtung eines frustrierten Kleinkindes.)
(Original franz.: "Je n’oublierai jamais d’avoir vu un de ces incommodes pleureurs ainsi frappé par sa nourrice. Il se tut sur-le-champ: je le crus intimidé. Je me disais: ce sera une âme servile dont on n’obtiendra rien que par la rigueur. Je me trompais: le malheureux suffoquait de colère, il avait perdu la respiration ; je le vis devenir violet. Un moment après vinrent les cris aigus; tous les signes du ressentiment, de la fureur, du désespoir de cet âge, étaient dans ses accents.")
"Der höchste Genuss besteht in der Zufriedenheit mit sich selbst." – Émile IV
(Original franz.: "La suprême jouissance est dans le contentement de soi-même.")
"Der Leib hat so wie der Geist seine Bedürfnisse." – Abhandlung über die Wissenschaften und Künste
(Original franz.: "Je suis esclave par mes vices, et libre par mes remords.")
"In der natürlichen Ordnung, in der die Menschen alle gleich sind, ist ihr gemeinsamer Beruf, zuerst und vor allem Mensch zu sein [...]. Bevor die Eltern ihn für einen Beruf bestimmen, beruft die Natur ihn zum menschlichen Leben." - Emil I,1 zeno.org
(Original franz.: "Dans l'ordre naturel, les hommes étant tous égaux, leur vocation commune est l'état d'homme [...]. Avant la vocation des parents, la nature l'appelle à la vie humaine." - Émile I,1 fr.Wikisource)
Ähnlich schon Pierre Nicole: "Es gibt einen allgemeinen Beruf und ein allgemeines Handwerk, das alle Menschen ausüben müssen, das ist dasjenige Mensch zu sein und als Mensch zu leben." - Zitiert bei Fritz Osterwalder books.google
(Original franz.: "il y a une profession commune, & un mestier general que tous les hommes sont obligez de faire, qui est celuy d'estre homme, & de vivre en hommes." - Pierre Nicole: De l'éducation d'un prince. 3ème edition Paris 1676, p. 110 books.google)
"Keine Unterwerfung ist so vollkommen wie die, die den Anschein der Freiheit wahrt. Damit lässt sich selbst der Wille gefangennehmen." – Émile
(Original franz.: "Il n'y a pas d'assujettissement si parfait que celui qui garde l'apparence de la liberté. On captive ainsi la volonté même.")
"Man veredelt die Pflanzen durch die Zucht und die Menschen durch Erziehung." – Émile I
(Original franz.: "On façonne les plantes par la culture, et les hommes par l’éducation.")
"Nicht der Mensch hat am meisten gelebt, welcher die höchsten Jahre zählt, sondern derjenige, welcher sein Leben am meisten empfunden hat." – "Emile", I
(Original franz.: "L’homme qui a le plus vécu n’est pas celui qui a compté le plus d’années, mais celui qui a le plus senti la vie." – franz. Wikisource)
"Wenn man ein Kenner ist, darf man keine Sammlung anlegen." – Émile IV, (Anmerkung: Der Satz ist offenbar eine Zusammenfassung der folgenden Passage:)
(Original franz.: "Je saurais alors que de telles collections ne sont jamais complètes, et que le défaut de ce qui leur manque donne plus de chagrin que de n’avoir rien. En ceci l’abondance fait la misère : il n’y a pas un faiseur de collections qui ne l’ait éprouvé. Quand on s’y connaît, on n’en doit point faire.")
"Wer nicht ein wenig Leid zu ertragen weiß, muss damit rechnen, viel zu leiden." – Émile IV
(Original franz.: "Qui ne sait pas supporter un peu de souffrance doit s’attendre à beaucoup souffrir.")
"Ist aber der Frühling gekommen, so schmilzt zwar der Schnee, doch die Ehe bleibt. Allein man muß sein Sinnen auf alle Jahreszeiten richten." - Émile V, Kapitel 26
(Original franz.: "Mais le printemps venu, la neige fond et le mariage reste ; il y faut penser pour toutes les saisons..")
"Das Geld, das man besitzt, ist das Instrument der Freiheit; dasjenige, dem man nachjagt, ist das Instrument der Knechtschaft." – Bekenntnisse, Band II
(Original franz.: "L’argent qu’on possède est instrument de la liberté; celui qu’on pourchasse est celui de la servitude.")
"...eine Prinzessin, der man sagte, dass die Bauern kein Brot hätten, woraufhin sie antwortete, dann sollten sie doch Brioche essen." -Bekenntnisse, Band VI
(Original franz.: "Enfin je me rappelai le pis-aller d'une grande princesse à qui l'on disait que les paysans n'avaient pas de pain, et qui répondit: Qu'ils mangent de la brioche. J'achetai de la brioche." - Les Confessions, Livre VI)
"Bei unserer Geburt treten wir auf den Kampfplatz und verlassen ihn bei unserem Tode." – Träumereien eines einsamen Spaziergängers
"Das Glück hat kein Aushängeschild; um es gewahr zu werden, müsste man im Herzen des Glücklichen lesen können, aber die Zufriedenheit leuchtet aus den Augen, aus der Haltung, dem Ton der Stimme, dem Gang und scheint sich dem, der sie bemerkt, mitzuteilen." – Träumereien eines einsamen Spaziergängers
"Der ehrlicheMann aus dem einen Hause gilt als Schelm im Nachbarhause." – Julie oder Die neue Héloïse Saint-Preux
"Die Familie ist die älteste aller Gemeinschaften und die einzige natürliche." – Der Gesellschaftsvertrag
"Die ersten Tränen der Kinder sind Bitten. Wenn man nicht darauf achtgibt, so werden sie bald Befehle." – Émile
"Die Stärke ist die Grundlage aller Tugend." – Émile
"Warum sollte man einem Liebhabertreuer sein als einem Ehemann? – Julie oder Die neue Héloïse / Saint-Preux
"Was nützen uns die Künste ohne den Luxus, welcher sie nährt?" – Abhandlung über die Wissenschaften und Künste
"Wehe jedem, der eine Sittenlehre predigt, die er nicht ausüben will!" – Julie oder Die neue Héloïse / Saint-Preux
"Welche Strafe mir auch auferlegt wird, wird sie doch minder grausam sein als die Erinnerung an mein Verbrechen." – Julie oder Die neue Héloïse / Saint-Preux
"Wenn ein jeder sich selbst genug wäre, brauchte er nur das Land zu kennen, das ihn ernähren kann." – Émile
"Wenn nur die Lüge uns retten kann, so ist es aus, so sind wir verloren." – Julie oder Die neue Héloïse / Julie
"Wer die Dinge gut genug kennt, dass er allen ihren wahren Wert geben kann, redet niemals zu viel." – Émile
"Wie angenehm und reizend ist die aus dem Bewusstsein vollkommener Eintracht entspringende Sicherheit!" – Julie oder Die neue Héloïse / Julie
"Wie der Götzendiener den Gegenstand seiner Verehrung mit Schätzen bereichert, die er hochhält, und auf dem Altar den Abgott schmückt, den er anbetet, so will auch der Liebhaber, wenn er seine Geliebte auch noch so vollkommen sieht, ihr dennoch unaufhörlich neuen Zierat hinzufügen." – Émile
"Er hat die Frauen nicht verstanden, der erhabene Rousseau [...]. Bei allem seinen guten Willen und seinen guten Absichten hat er aus ihnen nichts zu machen gewußt als untergeordnete Wesen in der Gesellschaft. Er hat ihnen die alte Tradition gelassen, von der er die Männer freisprach; er sah nicht voraus, daß sie desselben Glaubens, derselben Moral bedürfen würden, wie ihre Väter, ihre Gatten und ihre Söhne, daß sie sich erniedrigt finden würden, wenn sie einen anderen Tempel, eine andere Lehre hätten. Während er glaubte, Mütter zu bilden, bildete er nur Ammen. Er nahm den Mutterbusen für die erzeugende Seele. Der spiritualistischste Philosoph des letzten Jahrhunderts war ein Materialist in Bezug auf die Frauen." -George Sand, Isidora - Tagebuch eines Einsiedlers in Paris, Wigand, Leipzig 1845 S. 42 Deutsch von Dr. L. Meyer.
"Sie sehen also, [Rousseau] ist eine Komposition aus Launen, Affektiertheit, Boshaftigkeit, Selbstgefälligkeit und Unruhe mit einer winzigen, wenn überhaupt vorhandenen Beimischung von Wahnsinn. [...] Die oben genannten, vorherrschenden Qualitäten zusammen mit Undankbarkeit, Grausamkeit und Lügerei, und der von mir nicht extra zuerwähnenden Redegewandtheit und Erfindungsgabe, formen die gesamte geistige Verfassung." - David Hume in einem Brief an Adam Smith vom 8. Oktober 1767.
"Rousseau war verrückt, aber einflussreich; Hume war vernünftig, hatte aber keine Anhänger." Der englische Philosoph Bertrand Russell in Philosophie des Abendlandes[1]. (Im engl. Original: "Rousseau was mad but influential; Hume was sane but had no followers.").
"Aus Selbstbeobachtung und Wohlwollen glaubte der seinerzeit größte Kritiker der Zivilisation, der so wortgewaltig wie kein anderer die Strukturen ihrer Hoffnungslosigkeit und Unzufriedenheit beschrieb, sein ganzes Leben lang — so wie auch Anne Frank im dunkelsten Augenblick der modernen Geschichte —, daß die menschliche Natur trotz allem im Grunde gut sei." - Robert Wokler: Rousseau. Aus dem Englischen von Michaela Rehm. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau/Basel/Wien, S. 170.